Montessori, Freinet, Dalton-Plan, Waldorf. Es gibt zahlreiche reformpädagogische Konzepte, einige von ihnen haben auch schon Einzug in die Regelschule gefunden. Allen gemeinsam ist, dass sie die Individualität des Kindes respektieren, ihm auf Augenhöhe begegnen wollen. Aber: Wo liegen nun die Unterschiede zwischen diesen Lernkonzepten? Ein Überblick:
Freinet-Pädagogik. Das reformpädagogische Konzept nach Celestine und Elise Freinet hat seine Wurzeln in der sozialistischen Bewegung der frühen 1920er Jahre. Hier wird die Klasse zu einer Art Kooperative, in der neben den Lehrern auch die Schüler ihren Anteil haben. Die Freinet-Pädagogik baut auf vier Grundsätzen auf: Die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die kritische Auseinandersetzung mit der Umwelt, Selbstverantwortlichkeit, sowie Zusammenarbeit und gegenseitige Verantwortlichkeit. Lernen durch Experimente, soll Dinge besser begreifbar machen, Zeit für freie Arbeit, soll die Möglichkeit schaffen individuelle Interessen zu p egen. Im Klassenrat können die Schüler ihren Alltag mit gestalten. Die Wiener Lehrerin Eva Obernberger unterrricht nach der Freinet-Methode (VS Karl Löwe Gasse) und erzählt aus der Praxis:
„Jedes Kind arbeitet etwas anders, deswegen ist unser Unterricht sehr individualisiert. Dabei haben die Kinder Struktur, sogar ziemlich viel, der Unterschied ist aber, dass diese Strukturen an das Kind angepasst werden und nicht umgekehrt. Uns ist wichtig eine Pädagogik der Praxis zu sein. Es versucht ja auch niemand einem Kind das Radfahren theoretisch beizubringen. Es gibt keine Methode, die für jedes Kind passt. Es ist absurd mit einer Idee alle Kinder zu unterrichten. Wir müssen das Kind sehen und spüren. Im Grunde sind wir Lernbegleiter. Wir beobachten, wir begleiten und die Kinder holen sich die Hilfe, die sie brauchen.“
Montessori-Pädagogik. Die Pädagogik nach Maria Montessori ist wahrscheinlich die bekannteste reformpädagogische Richtung. Vor allem die, die Sinne ansprechenden, Materialien sind weit verbreitet. Das Konzept geht auf die Arbeit der italienischen Ärztin Maria Montessori und ihre Erfahrungen in Waisenhäusern zwischen 1907 und 1950 zurück. „Wir müssen das Kind führen, in dem wir es frei lassen“, sagte sie etwa. Beinahe zum Slogan wurde „Hilf mir, es selbst zu tun“. Gemeint ist damit, dass das Kind nach seinen persönlichen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen am besten lernt. Das heißt nicht, dass das Kind sich selbst überlassen wird: Kern der Montessori-Pädagogik ist neben der aufmerksamen Lernbegleitung, nämlich die „vorbereitete Umgebung“ – bekannt sind vor allem die Materialien, innerhalb dieser Struktur kann sich das Kind frei bewegen und individuell entwickeln.
Waldorf-Pädagogik. 1919 wurde die erste Waldorfschule gegründet. Das pädagogische Konzept nach Rudolf Steiner feiert heuer also ein 100-jähriges Jubiläum. Dieser anthroposophischer Unterrichtstypus findet sich in öffentlichen Schulen nicht und wird nur in Privatschulen unterrichtet (Die Wiener Waldorfschule verfügt allerdings über Öffentlichkeitsrecht und schließt mit staatlich anerkannter Matura ab). Die Waldorfpädagogik geht von vier verschiedenen Temperamenten aus (Choleriker, Sanguiniker, Melancholiker, Phlegmatiker) und will auf diese unterschiedlichen Charaktere individuell eingehen. Ethikunterricht, Bühnenspiel, Gesangs- und Instrumentalunterricht stehen im Fokus. Fixer Bestandteil des Curriculums ist außerdem das Fach Eurythmie, in dem die Kinder sich durch bestimmte Bewegungsabläufe und gemeinsamen Tanz ausdrücken sollen.
Dalton-Plan. Der Dalton-Plan basiert auf dem Unterrichtskonzept der Amerikanerin Helen Parkhurst und ist heute vor allem in den Niederlanden verbreitet. Parkhurst entwickelte ihre Methode zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, ihre Pädagogik steht in einer gewissen Nähe zur Montessoripädagogik, Parkhurst und Montessori verband eine sich gegenseitig befruchtende Freundschaft, sie bereisten gemeinsam Amerika und Parkhurst unterstützte Maria Montessori dabei, ihre Ideen auch in Kalofornien umzusetzen.. Auch sie kritisierte vor allem die Gleichförmigkeit des klassischen Unterrichts und setze den Fokus auf Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Wahlmöglichkeiten für die Schüler. Um dies umzusetzen, entwickelte sie den Dalton-Plan – individuelle Lehrpläne (strukturiert in Wochen- und Monatspläne), die den Schülern ermöglichen sollen einen persönlichen Arbeitsrhythmus zu finden.
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