Kind und Kunst: Sehen, mit allen Sinnen

Kunst und Kultur sind aus dem urbanen Kontext nicht wegzudenken. Aber was bedeutet Kunst eigentlich für Kinder? Die wichtigsten Ideen, Institutionen und Angebote. Ein Raum, ein buntes Potpourri aus Alltagsgegenständen und viele fleißige Kinderhände – es dauert nicht lange und aus Wattebäuschen, Putzschwämmen, Zahnstochern und aussortierten Postkarten werden Häuser, Türme, Segelboote, Roboter. Wunschlandschaft heißt das Areal, dass das Mumok im Rahmen des jährlichen Kinderaktiontages zur offenen Werkstätte umfunktioniert. Und das passt, denn es ist tatsächlich eine wundersame Phantasiestadt, die sich da mit Blick auf die Ausstellungsräume formt. Das Bedürfnis etwas zu schaffen, ist im Menschen angelegt. Lässt man die Kleinsten einfach machen, wird das besonders schnell deutlich, denn dabei wird ununterbrochen ausprobiert und abgespeichert, umgeworfen und aufgebaut, kurz:  es wird ziemlich viel gelernt. Und lernen, das ist ein wichtiger Aspekt der Museumspädagogik, einer Disziplin, der es immer darum gehen muss, die Kunst aus ihrem Elfenbeinturm herauszuholen, sie den Menschen näher zu bringen und dabei eben auch mal in Kinderhände zu legen. „Kinder verstehen Kunst eigentlich immer gut“, sagt Claudia Ehgartner. Sie leitet die Kunstvermittlungsabteilung für …

Ingo Pohlmann: (c) Benedict Schermann

Nachgefragt: Pohlmann, wie komponiert man eigentlich ein Kinderlied?

Mit „Dingoingo“ stellt der deutsche Singer-Songwriter Pohlmann („Wenn jetzt Sommer wär“) einen erfreulichen Neuzugang für die Kinderzimmer-Playlist vor. Denn sein Album erzählt auf schöne Weise von Dingen, die Spaß machen – von fröhlichen Wespen, Rummelplatz-Ponys und Löwenzahn auf der Reeperbahn etwa. Es lädt zum tanzen und mitsingen ein, unterhält, aber nicht ohne an der einen oder anderen Stelle auch berührend zu sein. Seine erste Begegnung mit dem Genre Kinderlied hatte Pohlmann bereits 2015 im Rahmen des ersten „Unter meinem Bett“-Samplers. Damals steuerte er den Song „Maulwurf“ bei, der so gut ankam, dass Pohlmann immer wieder darauf angesprochen wurde doch Nachschub für Kinder zu komponieren. Vor allem im Dialog mit seiner Tochter haben sich dann auch bald jene Ideen und Geschichten aufgetan, die es nun zu hören gibt. Im Interview erzählt er nun, wie sich die Arbeit an „Dingoingo“ von jener an seinen anderen Alben unterschieden hat, welche Songs ihm besonders viel Spaß machen und  warum es manchmal gar nicht so einfach ist, Texte nicht zu traurig werden zu lassen. Sie haben zunächst Songs für Kinder …

Kai Lüftner Rotz n Roll Radio

Kai Lüftner: „Kinder sind wie Punks. Unzensiert, ehrlich und knallhart“

Der Berliner Kindermusiker hat in den vergangenen Jahren das Rotz’n’roll-Universum geschaffen, schreibt neben Liedern auch Bücher und ist damit extrem erfolgreich. Dabei hat er  sich zunächst nur „aus Notwehr“ mit dem Genre auseinandergesetzt. Kai Lüftner im Interview. Warum braucht es eigentlich gute Musik für Kinder? Keine Ahnung. Ich hab nie gesagt, ich will gute Musik für Kinder machen. Ich hab einfach nur Musik gemacht, die ich selber gern hören wollte – bzw. früher gern gehört hätte. Die Kompassnadel war mein Sohn. und ja, in der Tat gibt es für meinen Geschmack wirklich viel Zeug, mit dem ich nicht so richtig viel anfangen kann. Aber ich bewerte oder beurteile das nicht, denn Geschmäcker sind verschieden – und das ist auch gut so. Aber es war wie mit den Geschichten die ich schreibe: Ich hatte keinen Bock etwas zu machen, was schon da war. und ich habe auch keine Angst davor, nicht jedem zu gefallen. Was war der Beweggrund damit anzufangen? Als mein großer Sohn zwei war, habe ich ihm ein Buch vorgelesen und fühlte mich – …

Schüchterne Kinder

Nachgefragt: Wie stärke ich mein schüchternes Kind?

Schüchterne Kinder werden öfter übersehen, sind weniger spontan und ziehen sich häufig zurück. Dabei bringt Schüchternheit in der Regel auch besondere Stärken mit sich, weiß die Pädagogin Inke Hummel. Warum sind manche Kinder schüchterne als andere? Hummel: Das kann zum einen angeboren sein. Dann reagiert ihr Alarmsystem rascher und empfindlicher als bei anderen und sie sind zögerlicher und schneller in einer Habachtstellung. Zum anderen kann es erworbenes Verhalten sein, zum Beispiel weil ihr Umfeld sehr autoritär oder ihr Leben sehr belastend ist. Viele Eltern machen sich Sorgen, dass es ihr schüchternes Kind schwerer haben könnte als andere. Sind diese Sorgen berechtigt? Hummel: Die Herausforderungen wiegen sicher nicht schwerer als bei anderen Kindern, aber es gibt welche, denn Schüchternheit kann hemmend sein oder auch arrogant erscheinen. Beides kann sich negativ auswirken, weil schüchterne Kinder manche Erwartungen nicht so gut erfüllen können oder sich schwerer damit tun, Beziehungen zu knüpfen und ihre Leidenschaften auszuleben. Wie kann ich  mein schüchternes Kind als Elternteil am besten unterstützen? Wie kann ich es stärken? Hummel: Es sollte erfahren, was sein Wesen …

Was kommt nach der Volksschule?

Nachgefragt: Wie finde ich die richtige Schule für mein Kind?

Mittelschule oder Gymnasium, ein Sportschwerpunkt oder doch lieber die Schule im Ort? Die Wahl der weiterführenden Schule wird in den meisten Familien heiß diskutiert. Denn: Die eine richtige Antwort gibt es nicht. Bildungsforscherin Sabine Buchebner-Ferstl erklärt im Interview Stärken und Schwächen der verschiedenen Schultypen. Die Entscheidung auf welche Schule ein Kind nach der Volksschule gehen soll, bedeutet für viele Eltern Druck und Stress. Warum ist das so und wie kann man dem entgegenwirken?  Diese Entscheidung wird von den Eltern als wichtige Weichenstellung für das weitere Leben begriffen. Dies trifft insofern zu, als ein späterer Wechsel von der MS in eine AHS (nach der 8. Schulstufe) nur selten erfolgt und wenn, dann mit einer höheren Drop-Out-Quote einhergeht. Dies liegt nicht nur an Leistungsunterschieden zwischen AHS und (N)MS am Ende der 8.Schulstufe, sondern auch daran, dass sich die Neuankömmlinge natürlich auch erst in die neue Situation einfinden müssen (neue Lehrer:innen, anderer Unterrichtsstil, neuer Klassenverband…). Der Wechseln in eine BHS erfolgt hingegen wesentlich häufiger (ca. jede:r dritte (N)MS-Absolvent:in), wobei sich aber auch hier (N)MS-Absolvent:innen im Durchschnitt mit dem …

Anna Keller: Zuhause kann so vieles sein.

Nachgefragt: Welche Gefühle vermittelt ein gutes Kinderbuch?

Anna Keller findet schöne Worte, erzählt von erdachten Welten und traut Kindern dabei auch etwas zu. Denn: „Bücher und Geschichten machen klug und einfallsreich“, weiß Keller. Und weiter: „Sie sorgen dafür, dass wir gestärkt und offen durch die Welt gehen und unsere eigenen Gedanken in sie hineintragen und verwirklichen können. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass das Buch gut ist, sprich, dass es uns berührt und begeistert.“ Ihr Kinderbuch „Zuhause kann so vieles sein“ handelt davon, wie verschieden die Lebensrealitäten von Kindern aussehen können und, dass gerade diese Unterschiedlichkeit schön und bunt und gut sein kann. Obendrauf hat Keller ihren eigenen Kinderbuchverlag gegründet – den Urknall-Verlag. Im Interview erzählt sie uns warum gute Kinderbücher wichtig sind, warum „ernste“ Themen auch in der Kinderliteratur nicht fehlen dürfen und wie es eigentlich zur Verlagsgründung kam. Du hast einen eigenen Kinderbuchverlag gegründet. Wie kam es zu der Idee? Was war dabei bisher schwieriger als du vorher dachtest und was vielleicht leichter? Ich bin von Haus aus Redakteurin und habe schon immer geschrieben, in den letzten Jahren vor allem für Kinder. Da kam …

Worüber wir reden 11/21: Oktopoden, eine leuchtende Murmelbahn und das Stereotyp der Hausfrau

Oktopoden sind faszinierende Tiere, darüber darf man ruhig auch singen. Vor allem, wenn dabei so ein Kinderzimmerohrwurm heraus kommt wie dieser hier vom Gorilla Club: — Warum scheinen Frauen stets für die gute Stimmung im Haus zuständig zu sein? Warum werden Arbeiten rund um Haus und Kind immer noch häufig wie selbstverständlich und vor allem unbezahlt von Frauen erledigt? Und warum ist es eigentlich so schwer sich von diesen Stereotypen zu verabschieden? Die Berliner Kulturwissenschaftlerin Ecke Rulffes hat ein unaufgeregtes und präzise recherchiertes Buch zum Thema geschrieben: „Die Erfindung der Hausfrau“, Harper Collins Verlag, 22 Euro. Hier erzählt Rulffes selbst von ihrem Buch: — Um fließendere Grenzen zwischen Berufs- und Familienleben, den wirtschaftlichen Bonus, den eine Vaterschaft häufig mit sich bringt und demgegenüber den ökonomischen Einbußen, die Mutterschaft in der Regel bedeutet, sprach Kaitlyn WonJung Chang kürzlich beim Forward Festival in Wien. Unter dem Hashtag #Momtoo entsteht nun die passende Debatte zum Thema. Der Standard berichtete. — Wir lieben Kugelbahnen. Ein ganz besonderes Exemplar – riesengroß und bunt leuchtend – steht nun im Wiener Museumsquartier und …

Franz Rauch: „Wir brauchen kompetente Kinder“

Für Franz Rauch, Leiter des Instituts für Schulentwicklung der Alpen- Adria-Universität, ist Umweltbildung längst ein wichtiges Zukunftsthema. Was ist die Grundidee hinter Ökolog? Rauch: Es geht darum, Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung an Schulen zu fördern. Dabei gilt die Annahme, dass das Thema am besten vermittelt werden kann, wenn man fächerübergreifend ansetzt, wenn Initiativen gesetzt werden, an denen die Schule als Ganzes mit einbezogen wird. Denn Schulentwicklung ist immer mehr als bloß der Unterricht, sondern muss das gesamte Schulumfeld mitdenken. Das heißt, es wird projektbezogen gearbeitet? Genau, Umweltbildung soll Teil des Schulalltags werde. Dabei geht es zwar auch um konkrete Lerninhalte, vor allem aber darum, Bewusstsein zu schaffen um Handlungskompetenz bei den Schülern und Schülerinnen zu fördern. Wissen ist wichtig, allein greift es aber zu kurz. Man muss die Möglichkeit bieten, Handlungserfahrungen zu machen. Welche Kompetenzen sollen den Schüler da vermittelt werden? Es geht vor allem um eine reflektierte Handlungskompetenz auf Basis eines kritisch prüfenden Umgangs mit Wissen. Es sollen Zusammenhänge vermittelt werden und auch die Botschaft, dass es eine Reihe sinnvoller konkreter Handlungsmöglichkeiten jenseits eines …

Holt die Umwelt in die Schule!

Klimafragen und Nachhaltigkeit beschäftigen die Jugend. Neben Mathe, Deutsch und Englisch bringen deswegen immer mehr Schulen auch wichtige Zukunftsfragen auf den Stundenplan. Das Erleben von Natur, Teilhabe an der Gesellschaft und nachhaltige Alltagsgestaltung stehen dabei im Fokus. Das passende Programm heißt Ökolog. In der Kiste, die hinten in der Klasse steht, leben Würmer. Was gemeinhin durchaus Ekel auslösen könnte, sorgt hier für anhaltende Faszination. Jeden Tag sammeln die Schüler nach der Jause ihre Obst- und Gemüsereste ein, um sie in die Kiste zu leeren. Denn was die Kinder übrig lassen, bekommen die Würmer. Und der Kompost, der dabei unweigerlich entsteht, wandert anschließend in den Schulgarten. Wie nebenbei wird dabei etwas über natürliche Kreisläufe gelernt – für die meisten Kinder sind diese nicht unbedingt und von vornherein selbstverständlich. Die Wurmkiste ist nur eines von insgesamt zwölf Projekten, die in der Volksschule Vereinsgasse im vergangenen Jahr stattgefunden haben Denn in der kleinen Schule in Wien Leopoldstadt wurde fleißig gegärtnert und upgecycelt, aber auch debattiert und demonstriert. Das hat einen guten Grund: Die Vereinsgasse ist eine Ökolog-Schule. „Bei …

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Abenteuer Freiheit: Selbstständig die Welt entdecken

Alleine zum Bäcker, eigenständig Konflikte lösen, im Freien übernachten – Kinder wollen die Welt entdecken. Dafür müssen wir sie aber auch ziehen lassen. Noah ist acht. Täglich fährt sein Vater ihn mit dem Auto in die Schule, sie liegt praktisch auf dem Weg zur Arbeit. Nach der Schule werden Noah und seine Klassenkollegen schon von der Hortbetreuung vor dem Schultor erwartet. Sonja ist zehn. An den Nachmittagen ist sie meistens zuhause, alleine hinaus geht sie nie. Der sechsjährige Levi besucht seit diesem Jahr eine Ganztagsschule, drei mal die Woche geht es nach dem Unterricht noch zu Klavierunterricht, Tanzen und Turnen. Das macht Spaß, aber wenn er danach endlich nach Hause kommt, ist meist nur noch Zeit für das Essen und es geht ab ins Bett. Noah, Sonja und Levi leben das ganz normale Leben Sechs- bis Zehnjähriger. Sie haben volle Terminkalender, fürsorgliche Eltern – nur Zeit für Abenteuer bleibt dabei kaum. Damit stehen sie prototypisch für ein Phänomen, das unsere Gesellschaft bereits seit etwa 20 Jahren mehr und mehr durchzieht. Soziologen nennen das „Verinselte Kindheit“. …