Es braucht nicht unbedingt viele Worte, um große Wahrheiten zu vermitteln. Das zeigt auch das neue Bilderbuch von Autor und Illustrator Brendan Wenzel, der zurzeit geradezu hymnisch besprochen wird – zu recht. Ein Buchtipp.
E
r wird mit Eric Carle verglichen, mit allen möglichen Preisen bedacht, von der Kritik verehrt. Die Rede ist von Brendan Wenzel, Illustrator, Autor, Reisender. Seine bunt-atmosphärischen, sympathisch-komischen Illustrationen fielen schon früher auf. Spätestens mit Cynthia Rylants „Leben“ (Nordsüd Verlag, 2017) war klar, dass Wenzel mit seinen Bildern erzählen kann. Mit „Alle sehen eine Katze“ kommen nun erstmals Text und Bild aus seiner Hand.
Die Idee ist einfach, wie genial: Wir sehen eine Katze, immer und immer wieder die selbe Katze, nehmen dabei aber jedesmal eine andere Perspektive ein. Wir sind eine Biene, ein Stinktier, eine Fledermaus, ein Kind, ein Hund, ein Floh, ein Fisch. Und je nach dem durch wessen Augen wir die Katze betrachten, erscheint sie völlig anders – groß und bedrohlich, süß und flauschig, krank und schwach, lustig und knubbelig.
Die Botschaft schleicht sich samtpfötig hinein in den Kopf des Lesers: Wie wir die Welt sehen, hat immer etwas mit uns selbst zu tun. Und: Die Dinge sind vielleicht gar nicht (nur) so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Schon kleine Kinder mit solchen Konzepten und Gedanken spielen zu lassen, kann nur gut sein. „Was für ein Geschenk, wenn man als vierjähriger Betrachter dieses Buchs mit solchen Ideen zu jonglieren beginnt. Selten sieht man Philosophie und Lesevergnügen so meisterlich vereint“, bringt es Zeit-Redakteurin Katrin Hörnlein auf den Punkt.
Bei Wenzel passen große Erkenntnisfragen also auf 44 Buchseiten. „Eine Geschichte oder eine Idee auf eine kurze Abfolge von Wörtern und Bildern einzudampfen, ist für mich eine großartige Methode, um an die Wurzel dessen zu kommen, worüber ich nachdenke und was ich mitteilen möchte“, sagt Wenzel. Dabei steckt er viel Arbeit in das, was dann so leichtfüßig daher kommt, recherchiert naturwissenschaftliche Grundlagen, will tatsächlich etwas lernen über die Beziehungen zwischen den Arten, und bringt dann sein ganzes künstlerisches Wissen ein, in Form von Wasserfarbe, Acrylfarbe, Ölkreide, Wachsmalkreide, Graphitstift, Buntstift, Kohle, Magic Marker und nicht zuletzt Papierschnipsel.
„Im Grunde ist dieses Buch ein Versuch die Erfahrungen, die meine Frau und ich auf Reisen gemacht haben, zu verstehen“, sagte Wenzel in einem Interview mit „The Childrens Book Review“. Und zwar: „Eine Verschiebung der Perspektive bereichert jeden Aspekt des alltäglichen Lebens und fordert uns auf gute Art heraus über uns hinaus zu wachsen.“ Eine schöne Wahrheit, an die man ruhig hin und wieder erinnert werden darf.
Brendan Wenzel: Alle sehen eine Katze, 15,50 Euro (NordSüd Verlag).
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